Poetry: Nofretete im Flakturm | clivejames.com
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Nofretete im Flakturm

Eines war Königinnen aus Ägypten Usus:
ummauert zu sein von zig Tonnen
harter Felsen. Auch Nofretete kannte das,
bis ihr bemalter, wohlbekannter Kopf –
Nacken, hübscher Hut, Filmstaroptik,
ägyptische Louise Brooks -
durch Museen tourte,
fast wortwörtlich endend in Berlin.
Doch kein Ende im Flakturm:
Mit vielen anderen Schätzen dort
saß sie ihn aus, den Krieg, kaum berührt
tief im Panzerstauraum, Sklavenarbeit,
vertraut für sie. Über ihr rauschten
8.000 Granaten pro Minute,
teils groß genug, eine ganze
B-17 in Trümmer zu verwandeln.
Doch das Beben, vom Beton gebremst -
nur grollende Vibration. In jedem Turm
zehntausend plaudernde Menschen, geschützt,
als „arisch“ ausgewiesen.
Kriegsende: trotzend dem Beschuss
kämpften die Türme noch einen Tag,
bis zum Erscheinen eines Boten.
Die große Königin kam ans Licht, feierlich auf dem Weg
zurück zu Sockel und spiegelnder Vitrine.
Im Berliner Frühling quere ich die Brücke
zur Museumsinsel, nur um sie zu sehen,
für sie zu schwärmen, während sie mich anblickt,
still sagend: „Kennst Du ein Grab,
so kennst Du alle.“ Fünf lange Jahre
rangen die Türme mit Armeen am Himmel,
fliegenden Streitwagen, heuschreckengleich:
Eine Ära, und doch weniger als nichts für Nofretete,
die schaut, als hätte sie niemals
auch nur einen Laut
gehört.
 

Übersetzung Eckardt Buchholz-Schuster, Februar 2011

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